Es war schon eine besondere Atmosphäre, die am Sonntag im Stadion an der Scotland Road in Liverpool herrschte.
Merseyside Athletic vs. Harrington Harriers
20-20
Bereits vor dem Spiel fanden zahlreiche Gedenkaktionen statt, die an den Anschlag vor zehn Jahren auf das Merseyside-Projekt erinnerten, so wurde unter anderem erneut eine große Radiosondersendung ausgestrahlt, die auch live im Stadion zu hören war, um möglichst vielen Hörer*innen Geschichte, Hintergründe und vor allem die betroffenen Menschen nahe zu bringen.
Bei den Gästen aus Harrington, die sich Merseyside explizit als Wunschgegner ausgesucht hatte, gab es im Vorfeld noch einiges an Unruhe. Kurzfristig wurden drei Spieler*innen komplett aus dem Kader gestrichen, darunter Keeper Adam Scott, der zunächst sogar noch auf dem Spielberichtsbogen gestanden hatte und damit zu seinem Debüt gekommen wäre. Scott, der bislang noch kein Spiel für die Harriers absolviert und daher ein Rating von 0 hatte, sollte wohl eigentlich in diesem Spiel bevorzugt werden, da seine Eltern bei dem Anschlag vor zehn Jahren umgekommen waren. Sportlich machte der Wechsel von Anfang an keinen Sinn, denn Stammkeeper Pauline of Rubin schnitt beim neuen, am Wochenende frisch veröffentlichten Rating besonders gut ab und sprang von einer 0 auf eine 3 – ein Kunststück, das äußerst selten ist, neben ihr aber auch Teamkollege Thane Mullen gelang. Nach einigem Hin und Her stand of Rubin dann auch zwischen den Stangen, während auf der Ersatzbank nur drei Spieler*innen plus Trainer Benedict Deveraux-Montmorency Platz nahmen.
Für die beiden Teams war es vor Anpfiff nicht einfach, die Spannung hoch und die Muskeln warm zu halten. Auch das Publikum spürte die besondere Bedeutung des Moments. Die angespannte Stille entlud sich kurz vor Spielbeginn, als die Mannschaften das Spielfeld betraten, in einem lauten Jubel, der von Fans beider Seiten getragen wurde. Beide Teams trugen als Gedenken an die 53 Opfer des Anschlags Trauerflor.
Nun verwandelte sich das Stadion, das mit 12.850 Personen ausverkauft war, in einen Hexenkessel, in dem es ständig irgendwo aufbrandete, mal Applaus und Jubel, mal wurde die Laola-Welle gezeigt, eine Applausform aus der First World, die von den vielen Fans mit Exceptioner-Hintergrund von Merseyside in die Magische Welt adaptiert wurde: Die Fans in einer Ecke der Tribüne springen von unten nach oben nacheinander von den Sitzen auf, reißen die Armen wellenartig nach oben und jubeln dabei laut. Die neben ihnen Sitzenden folgen ihnen, sobald sich die ersten wieder setzen, sodass eine Art Wellenbewegung durch das Stadion rast. Wundervoll anzusehen!
Auf dem Spielfeld hatten die Gäste aus Harrington zuerst den Ball. Angeführt von Kapitän Frances Nigellus und unter der Regie von Kicker & Passer Vincent Kanouté brauchte die Offense nur wenige Spielzüge, um in die Nähe des Tores von Merseyside zu kommen, das von Keeper Cadhan Mac Cuilinn bewacht wurde. Beim Kickversuch von Nigellus wäre er allerdings machtlos gewesen, hätte nicht der Torpfosten mitgeholfen und den Ball außen vorbeigelenkt.
Im Gegenzug war Merseysides Offense an der Reihe: Kicker & Passer Logan Plymouth steckte den Ball auf der rechten Seite schnell zu Ninon Lekeaka durch, die einen Schritt schneller als Left Tackle Liam Spencer war und aus einer Drehung heraus den Ball aufs Tor von Harriers-Keeper Pauline of Rubin brachte. Keine Chance für of Rubin, die zwar noch reagierte, aber die Finger nicht mehr komplett an den Ball bekam.
Die ersten fünf Punkte für die Gastgeber*innen wurden noch lautstark bejubelt, da stockte den Heimfans der Atem, denn K&P Plymouth jagte den Ball bei seinem Kick5 meterweit über das Tor. „Ich war heute sehr nervös, muss ich sagen. Das war schon eine beeindruckende Kulisse und ich hab mich davon ablenken lassen. Das darf natürlich eigentlich nicht passieren, aber tja, den nehme ich auf meine Kappe!“, gestand er hinterher.
Dann war die Harriers-Offense wieder an der Reihe. Center Rusher Kenan Trevelyan, der nach längerer Verletzungspause wieder auf dem Feld stand, übergab den Ball an Thane Mullen, der völlig frei zum Kick ansetzte und mittig zwischen die Stangen traf. Die mitgereisten Harriers-Fans bejubelten nicht nur ihn, sondern direkt im Anschluss auch Kanouté, der es besser als sein Gegenüber machte und den Kick10 sicher verwandelte. Die Harriers führten nun mit 20-5.
Fortan stand vor allem die Defense der Harriers im Mittelpunkt, denn Merseyside ließ immer wieder schnell vorgetragene, aggressive Angriffe folgen. Und gleich der zweite war erfolgreich: Wieder war es Lekeaka, die in einem schnellen Seitentausch mit Kollege Bram Stoker plötzlich über links kam und ihren Wurf verwandelte. Keine Chance für of Rubin im Tor. Dieses Mal war auch Plymouth voll konzentriert und verwandelte seinen Kick5 sicher, sodass der Vorsprung der Gäste auf ein 20-15 geschmolzen war. Die Harriers konzentrierten sich in der Folge vor allem darauf, diesen knappen Vorsprung zu halten.
Spencer und Right Tackle Caitlin MacLeod, die erstmals in dieser Sason zum Einsatz kam, sorgten nun um Runde um Runde dafür, dass sich die Offense von Merseyside die Zähne an der Abwehr ausbiss und fischten alles weg, was an ihnen vorbei wollte. In dieser Phase fiel Merseyside nicht viel ein, die Offense versuchte es immer wieder über Lekeaka, die mit der Zeit immer hilfloser agierte und lautstark die Unterstützung ihrer Rusher-Kolleg*innen einforderte.
Besser machte es die Offense der Harriers, die immer wieder schöne Spielzüge zeigte und stets den Ball zu dem Rusher brachte, der am besten stand. Trotzdem blieb das Team von den Coaches Benedict Devereaux-Montmorency und Joshua Evans ohne weiteren Punkterfolg, was sich im letzten Angriff rächen sollte: Wieder war es Lekeaka, die den Ball bekam und in einem fast verzweifelt anmutendem Versuch den Ball Richtung Tor der Harriers warf. An sich kein Problem für of Rubin, wäre ihr nicht der feuchte Rasen zum Verhängnis geworden: Sie rutschte weg und der Ball kullerte ins Tor zum 20-20-Ausgleich. Unglücklich, aber insgesamt war das Unentschieden durchaus verdient und dem Tag angemessen. So ging es ohne Sieger und Verlierer zu Ende.
Während die Harriers zunächst die Köpfe hängen ließen, war der Jubel bei Merseyside umso größer. Dann jedoch besannen sich beide Teams und stellten sich gemeinsam in der Mitte des Spielfelds auf, um sich gemeinsam mit allen Ersatzspieler*innen Arm in Arm vom begeisterten Publikum bejubeln zu lassen. Eine schöne Geste, die an diesem bedeutungsschweren Tag sicherlich angebracht war.
Nach dem Spiel erschien Frances Nigellus zusammen mit ihrem Rusher-Kollegen Kenan Trevelyan zum Interview. Trevelyan, der selbst Exceptioner ist, war es ein Anliegen, an diesem Tag noch ein paar Worte zu verlieren: „Was Merseyside und die Clark-Familie hier machen, ist wirklich eine große und wichtige Geschichte. Ich bin froh, dass so vielen benachteiligten Kindern hier in der Region dadurch geholfen werden kann und dass das Projekt auch zeigt, was möglich ist, wenn alle an einem Strang ziehen.“ Nigellus ergänzte: „Bei uns im Team spielt die Herkunft keine Rolle. Wenn das anders wäre, würde es gerade mit unserem Hintergrund als neu gegründeter Mannschaft auch nicht funktionieren. Wir sind im Laufe dieses Jahres alle zusammen gewachsen, egal, ob man gerade auf dem Spielfeld steht oder auf der Bank sitzt. Deshalb bin ich froh, dass ausgerechnet wir dieses Jubiläumsspiel hier bestreiten durften.“